Prüfstrecke

Elektronische Distanzmesser bestimmen die Länge einer Strecke aus der Laufzeit von Lichtwellen. Das einwandfreie Arbeiten solcher Distanzmesser muß durch regelmäßige Untersuchungen auf Prüfstrecken gesichert werden. Das kann ohne Kenntnis von Soll-Distanzen durch Streckenmessungen in allen Kombinationen nach DIN 18723 Teil 6 geschehen. Bessere Ergebnisse erzielt man mit genau bekannten Soll-Distanzen. Dazu muß man eine geeignete Prüfstrecke bauen und mit Meßgeräten höchster Genauigkeit Soll-Distanzen bereitstellen.

1 Einführung

Im Herbst 1982 wurde am Fachbereich Campus Minden, damals Architektur und Bauingenieurwesen, der Hochschule Bielefeld in Minden mit dem Bau einer Prüfstrecke für elektronische Entfernungsmesser begonnen. Am Mittellandkanal in der Gegend zwischen Hille und Lübbecke (ca. 20 km westlich von Minden) wurde die Prüfstrecke mit einer Gesamtlänge von einem Kilometer angelegt. Im Hinblick auf vielfältige Geräteuntersuchungen wurden zwanzig feste Gerätepfeiler betoniert, auf denen die Geräte aufgeschraubt werden können. Um jede beliebige Soll-Distanz erzeugen zu können, kann eine zehn Meter lange Meßschiene zwischen denjenigen Pfeilern eingehängt werden, deren Abstand 10 m beträgt. Damit lassen sich beliebige Sollstrecken zwischen 0 und 1000 Metern realisieren.
Am 19.06.1984 wurde die Prüfstrecke der Öffentlichkeit in Anwesenheit des damaligen Ministers Krumsiek für Wissenschaft und Forschung vorgestellt. Seither wurden viele Geräteuntersuchungen für örtliche Vermessungsbüros und Behörden mit Vermessungsaufgaben durchgeführt.

2 Aufbau der Prüfstrecke

2.1 Pfeiler
 

Zwanzig frostsicher auf breitem Köcherfundament gegründete Stahlbetonpfeiler mit Zentriergewinde für Geräte und Prismenhalter wurden am Rande des befahrbaren Kanalufers (Bild 1 - Meßpfeiler) über eine Entfernung von einem Kilometer derart in eine horizontale Gerade gesetzt, daß auf den ersten hundert Metern alle zehn Meter ein Pfeiler (Nr. 0 bis 10) steht. Die restlichen Pfeiler (Nr. 11 bis 19) haben jeweils 100 Meter Abstand (Bild 2 - Verteilung der Meßpfeiler über die Prüfstrecke).

 

Die Strecken wurden mit einem Mekometer durch das geodätische Institut der Universität Braunschweig in vielen Kombinationen gemessen.

Aus den Streckenmessungen wurden durch Ausgleichung die Pfeilerdistanzen mit einer inneren Genauigkeit von etwa 0,3 mm bestimmt. Spätere Nachprüfungen haben eine hohe Stabilität der Pfeiler und der mit ihnen realisierbaren Quasi-Sollstrecken gezeigt.

2.2 Meßschiene

Die zehn Meter lange Meßschiene (Bild 3 - Gleitschlitten mit Prisma auf Meßschiene und Distanzmesser auf Pfeiler) mit quadratischem Hohlquerschnitt besteht aus Aluminium und kann zum Transport in zwei je 5m lange Teilstücke zerlegt werden. Die Schiene dient zum Befestigen des Präzisions-Stahlmeßbandes genau über dem Zentriergewinde eines Meßpfeilers.

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Das Meßband wird über eine Umlenkrolle von einem Gewicht auf stets gleiche Spannung gebracht. Zur Ermittlung von Quasi-Sollstrecken muß die Bandtemperatur während der Messung ermittelt und protokolliert werden. Auf der Schiene läßt sich ein Gleitschlitten (Bild 3 - Gleitschlitten mit Prisma auf Meßschiene und Bild 4 - Distanzmesser auf Pfeiler) mit dem Reflektorprisma auf beliebige Zentimeterstriche des Meßbandes einstellen.

3 Meßprogramme

In DIN 18723, Teil 6, werden zur Geräteuntersuchung mit einfachen Feldmethoden 21 Streckenmessungen in allen Kombinationen zwischen 7 Punkten auf einer geeigneten Prüfstrecke empfohlen. Dabei brauchen keine Sollstrecken bekannt zu sein. Besser wird das Verfahren, wenn Sollstrecken zwischen festen Beobachtungspfeilern bekannt sind. Entfernungsabhängige und zyklische Abweichungen des Distanzmessers können besser erkannt werden, wenn man die Messungen gleichmäßig über den zu untersuchenden Entfernungsbereich verteilt. Dabei sollte auch eine gleichmäßige Verteilung über den Feinmaßstab des Gerätes erreicht werden.

Am Fachbereich Campus Minden wird bevorzugt ein Meßprogramm verwendet, das wie folgt aussieht:
Die Meßschiene wird zwischen den Pfeilern 9 und 10 so aufgebaut, daß das Nullende des Meßbandes bei Pfeiler 9 liegt. Zur Erfassung des zyklischen Fehlers wird der zu untersuchende Entfernungsmesser auf Pfeiler 0 zentriert. Auf der Meßschiene wird das Prisma mit dem Gleitschlitten alle 30 cm eingestellt und eine (oder mehrere) Messung(en) ausgelöst.
Die übrigen Messungen erfolgen der Einfachheit halber ohne Gebrauch der Meßschiene zu Prismen, die direkt auf dem Zentriergewinde aufgebaut werden. Die folgende vierspaltige Tabelle (Bild 5 - Beispiel eines Meßprogramms) mit exemplarischen Messungswerten zeigt ein solches Meßprogramm mit 58 Strecken.

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Andere Meßprogramme können je nach Untersuchungszweck bis zu Strecken von 1000m realisiert werden.
Auch der extreme Nahbereich läßt sich prüfen.

4 Auswertungen

Die programmgesteuerte numerische Auswertung bildet aus den registrierten Messwerten bei Wiederholungsmessungen das Mittel, berechnet die Quasi-Sollentfernungen und speichert die Korrekturwerte jedes Messungswertes (Sollentfernung minus Messungswert) für die anschließende Ausgleichung nach vermittelnden Beobachtungen. Außer numerischen Angaben zum Zustand des untersuchten Gerätes (Bild 6 - Beispiel eines Ausgleichungsergebnisses) erhält

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der Auftraggeber eine grafische Darstellung der Korrekturen und Ausgleichungskurven in Anhängigkeit von der Entfernung (Bild 7 - Korrekturen in Abhängigkeit von der Entfernung)


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und eine Darstellung der zyklischen Korrekturen (Bild 8 - Korrekturen in Abhängigkeit vom Feinmaßstab), aufgetragen über dem Feinmaßstab des Gerätes.


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Bei Bedarf kann man die Kalibrierungsgleichung verwenden, um die vom Entfernungsmesser erhaltenen Meßwerte zu verbessern (oder bei größeren Abweichungen das Gerät zur Wartung an die Herstellerfirma zu geben).