Mode-Absolvent:innen der HSBI präsentierten am Wochenende ihre Kollektionen in bis auf den letzten Platz besuchten Modenschauen am Fachbereich Gestaltung. Mode ist immer auch ein Statement, und so setzten sich die Studierenden in ihren Arbeiten mit aktuellen Themen wie der Frage nach einer Work-Life-Balance, dem Aufbrechen von Geschlechteridentitäten oder dem Wunsch nach Freiheit auseinander. Bei der diesjährigen Modenschau präsentierten 15 Absolvent:innen ihre Abschlusskollektionen. Ergänzt wurde die Schau mit Arbeiten von Bachelor-Studierenden.
Bielefeld (hsbi). Es ist ein fester Termin in der Bielefelder Kulturszene: Bei der Modenschau des Fachbereichs Gestaltung der Hochschule Bielefeld (HSBI) präsentierten am vergangenen Wochenende 15 Absolvent:innen ihre Abschlusskollektionen und Bachelor-Studierende ausgewählte Semesterarbeiten. In zwei Schauen vor rund 400 Zuschauer:innen verwandelte sich das Foyer des Fachbereichs in der Lampingstraße am 31. Januar und 1. Februar in einen großen Laufsteg. Mit ihren Kollektionen setzten die Bachelor- und Masterabsolvent:innen aktuelle Themen wie der Frage nach einer Work-Life-Balance, dem Aufbrechen von Geschlechteridentitäten oder dem Wunsch nach Freiheit in Textilien um und erzählten damit ganz unterschiedliche Geschichten.
„Mit der Modenschau als Ausstellungsform ermöglichen wir einen Dialog zwischen Mensch und Kleidung über die Inszenierung der Kollektionen am Körper."
Organisationsteam der Modenschau
Organisiert wird die jährliche Modenschau von den Studierenden, sowie tatkräftiger Unterstützung der Lehrenden und Mitarbeitenden der Studienrichtung Mode. Damit alles glatt „über den Laufsteg“ geht, haben vor allem Lea Köppen, Christina Rieger und Lorena Kapp, das Leitungsteam der Modenschau, in den vergangenen Wochen viel organisiert. Sie erklären, warum die Veranstaltung für alle Beteiligten so wichtig ist: „Mit der Modenschau als Ausstellungsform ermöglichen wir einen Dialog zwischen Mensch und Kleidung über die Inszenierung der Kollektionen am Körper. Es ist wichtig, dass die Modenschau den Rahmen dafür bietet, Mode in Bewegung zu präsentieren.“
Exemplarisch im Folgenden einige Erläuterungen zu ausgewählten Abschlussarbeiten des Sommersemesters 2024 und Wintersemesters 24/25
„HostedBy“ von Aida Ruiz Lejarzaburu
Mit ihrer opulenten und farbenfrohen Kolleketion „HostedBy" will Bachelor-Absolventin Aida Ruiz Lejarzaburu das Gefühl des Verkleidens als Kind einfangen.
Mit einer Palette aus Blau, Pink, Grün und Orange und dem Ziel, die Aufregung der Kindheit einzufangen, reinterpretiert die Kollektion „HostedBy“ von Bachlor-Absolventin Aida Ruiz Lejarzaburu das Gefühl des Verkleidens als Kind. „Ich wollte diese kindliche Freude wieder aufleben lassen, indem ich leuchtende Farben und weite, voluminöse Formen integriere“, erklärt die Absolventin. „Die weit geschnittenen Kleidungsstücke fördern ein freies Gefühl, das Bewegungsfreiheit und Unbeschwertheit vermittelt.“
Zusätzlich finden sich Einflüsse aus Dinnerpartys in den Designs wieder, aus denen sich auch der Name der Kollektion ergibt. Dafür hat sich Aida Ruiz Lejarzaburu von opulenten Torten inspirieren lassen und hat deren Formen und Details mit Schleifen und Rüschen imitiert. Die Kollektion, die vollständig aus recycelten Stoffen besteht, soll die Betrachtenden einladen, mit neuen Arten von Mode zu experimentieren.
„fe*“ von Christina Rieger
Die historische Handwerkstechnik des Stickens dient als Inspiration für Printideen innerhalb der Kollektion „fe*".
Die Kollektion „fe*“ von Bachelor-Absolventin Christina Rieger beschäftigt sich mit dem Thema „Gendervielfalt“, indem sie klassische, geradlinige Kleidungsstücke mit einer weichen, organischen Formsprache kombiniert. Das Zusammenspiel fließender, weicher Elemente mit robusten, strukturierten Details prägt die Ästhetik der Kollektion und lädt dazu ein, traditionelle Gestaltungskonzepte neu zu betrachten. Neben dieser gestalterischen Fusion kommt ein durchlässiger Stoff zum Einsatz, der über das klassische Spektrum herkömmlicher Bekleidungsstoffe hinausgeht. Dadurch wird Vielseitigkeit und Vielschichtigkeit visuell thematisiert.Die historische Handwerkstechnik des Stickens dient als Inspiration für Printideen innerhalb der Kollektion. Durch die humorvolle Interpretation der gewählten Motive entsteht eine spielerische Auseinandersetzung mit Geschlechterkonzepten.
Christina Riegers Kollektion „fe*" stellt die Reflexion über binäre Geschlechterrollen in den Fokus.
Ein besonderes Augenmerk liegt auf einer bewusst reduzierten Gestaltung, die einen modernen und klaren Look entstehen lässt. Dies schafft Raum für organische Drapierungen, die ihre Wirkung entfalten können. Wie der Titel „fe*“ andeutet, möchte die Kollektion eine binäre Geschlechterkategorisierung bewusst vermeiden. Der Begriff „Female“ ist sprachlich und historisch in Relation zu „Male“ definiert und verweist damit auf eine geschlechtliche Gegenüberstellung, anstatt Weiblichkeit als eigenständige Kategorie zu betrachten. Dabei öffnet das Sternchen * in „fe“ den Begriff für eine fluide, inklusive Interpretation von Geschlecht. Es dient als Platzhalter für diverse geschlechtliche Identitäten und lädt dazu ein, traditionelle Kategorisierungen zu hinterfragen. Statt geschlechterspezifischer Zuschreibungen steht die Kleidung als Ausdruck individueller Identität im Fokus. Christina Rieger: „Mit meiner Kollektion möchte ich ein Zeichen für Gendervielfalt setzen und zur Reflexion über binäre Geschlechterrollen anregen. Kleidung muss nicht durch Geschlecht definiert sein, sondern kann als individueller Ausdruck verstanden werden.
Mode ist immer auch ein Statement, und so setzten sich die Studierenden in ihren Arbeiten mit aktuellen Themen wie der Frage nach einer Work-Life-Balance, dem Aufbrechen von Geschlechteridentitäten oder dem Wunsch nach Freiheit auseinander.
„five to nine“ von Cinzia Nguyen
Die Arbeit von Cinzia Nguyen zeigt, wie das Pendeln zum Ort des Denkens, Arbeitens und Lebens wird, ohne klaren Anfang oder Ende
Inspiration für ihre Kollektion fand Mode-Absolventin Cinzia Nguyen in einem zeitgenössischen Phänomen: dem Pendeln. Mit einer einzigartigen Materialkombination aus sportlichen Stoffen sowie Anzug- und Wollstoffen schafft die Kollektion eine Symbiose zweier Welten. In dieser Arbeit wird das tägliche Pendeln zwischen Zuhause und Büro als ein „Zwischenraum“ betrachtet – ein Ort, an dem Ankommen und Aufbrechen gleichzeitig existieren.
„In einer Gesellschaft, die ständige Erreichbarkeit fordert, verschwimmen die Grenzen zwischen Bewegung und Stillstand“, erklärt Cinzia Ngyuen. „Das Pendeln wird zum Ort des Denkens, Arbeitens und Lebens und erzählt von der Suche nach Balance. Der fließende Zustand, der Raum der Unschärfe, bildet das zentrale Thema und verdeutlicht, dass die Reise des Pendelns nie ganz beginnt und nie wirklich endet.“
HSBI-Werkschau zeigte Vielfalt der gestalterischen Arbeiten
Durch die Kollektionen machen die Absolventinnen und Absolventen ihre Haltung zu gesellschaftlichen Themen sichtbar.
Inmitten der Atmosphäre der gut besuchten Werkschau bereicherte die jeweils einstündigen Modenschau das Programm der Werkschau. In den weiteren Räumen in der Lampingstraße konnten die Besucher:innen die Abschlussarbeiten der Studienrichtungen „Digital Media and Experiment“, „Fotografie und Bildmedien“ sowie „Kommunikationsdesign“ besuchen und mit den Absolvent:innen ins Gespräch kommen. (she)