„Lösungen, die gebraucht genutzt und geliebt werden wollen“: Beim Demo Day 2024 präsentiert InCamS@BI seine innovativsten Ideen und wirbt um Partner für die Umsetzung
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Gemeinsam mit 75 Gästen blickt das InCamS@BI-Team auf ein spannendes zweites Jahr des Transferprojektes zurück. In fünf Pitches präsentieren Forschende ihre persönliche Transferidee des Jahres und zeigten dabei die thematische Bandbreite des Projekts von zirkulären Geschäftsmodellen über Energiewirtschaft und Recycling bis Kunststofftechnik. Der erstmals verliehene Transferpreis geht am Ende eines unterhaltsamen Abends an Dr. Matthias Pieper.
Bielefeld (hsbi).Lampenfieberist für Eliza Starke kein Thema: „Ich habe schon früher für Familienfeiern gerne kleine Beiträge geschrieben und vorgetragen“, verrät die Referentin für Wirtschaftspsychologie im Projekt InCamS@BI. „Und als ich in der Vorbereitung für meinen Pitch auf dem diesjährigen Demo Day davon erzählt habe, hatte ich den Job“, lacht Starke. Der ‚Job‘ ist ein lyrischer Jahresrückblick auf das zweite Jahr des Innovation Campus for Sustainable Solutions (InCamS@BI), der den zweiten Demo Day einläutet. Und mit ihrem souveränen Auftritt vor dem voll besetzten Konferenzsaal der Hochschule Bielefeld (HSBI) und der Wendung „Transferlärm machen“ schafft Starke schon gleich zu Beginn des Abends eine Art inoffizielle Überschrift für eine rundum gelungene zweite Jahresschau.
Lyrischer Jahresrückblick und Keynote zum Thema Innovation und Nachhaltigkeit
Doch den Anfang machte Projektleiterin Dr. Melanie Wilde. Sie begrüßte die 75 Gäste aus Hochschule, Unternehmenswelt sowie weiteren Projektpartnern und führte kurz in das Programm ein. Anschließend übernahm Eliza Starke und ließ in acht Strophen das InCamS@BI-Jahr lyrisch Revue passieren: Auf insgesamt 43 begonnene oder bereits abgeschlossene Projekte rund um Kunststoffe und Circular Economy könne das Team zusammen mit seinen Partnern am Ende seines zweiten Jahres zurückblicken. „Lasst uns noch mehr solcher Ideen entwickeln“, appellierte Starke abschließend an das Publikum. Welchen Mehrwert diese Projekte für die potenziellen Partner haben können, stellten Professor Dr. Ingo Ballschmieter von der Forschungsgruppe Innovationsmanagement zusammen mit Armando Garcia Schmidt von der Bertelsmann Stiftung in ihrer gemeinsamen Keynote heraus.
„Innovationsstarke Unternehmen arbeiten mit der Wissenschaft zusammen. Dehalb ist mein Rat auch und gerade an KMU: Geht auf Projekte wie InCamS@BI zu und nutzt die Chance für Kooperationen."
Armando Garcia Schmidt, Bertelsmann Stiftung
Ihre Leitfrage lautete: Wie können Innovationen die Wettbewerbsfähigkeit des eigenen Unternehmens stärken und einen Beitrag zur nachhaltigen sozialen Marktwirtschaft leisten? Anhand der kürzlich veröffentlichten Bertelsmann-Studie „Innovative Milieus“ hoben die beiden hervor, dass Kooperationen zwischen Wissenschaft und Unternehmen Innovationstreiber seien. Gerade weil sich diese Innovationen vor allem im Bereich nachhaltiger Geschäftsmodelle entfalteten, würden sie zudem einen wichtigen Beitrag für eine nachhaltige Transformation leisten. „Innovationsstarke Unternehmen arbeiten mit der Wissenschaft zusammen“, berichtete Garcia Schmidt aus den Studienergebnissen: „Deshalb wäre mein Rat auch und gerade an KMU: Geht auf Projekte wie InCamS@BI zu und nutzt die Chance für Kooperationen."
Fünf spannende Pitches präsentieren die innovativsten Transferideen des Jahres
Kooperationspartner mit einer innovativen Idee von einer Zusammenarbeit überzeugen – das war auch das Ziel der folgenden Pitches: in fünf Kurzvorträgen á drei Minuten stellten Forschende aus den Forschungsgruppen des Projekts ihre innovativste Projektidee vor: Den Anfang machten Dr. Lennart Schwan und David Schöning vom Team Technologieentwicklung, die ihre Idee zum „Datenmanagement für die additive On-Demand-Fertigung von Ersatzteilen in der Zukunft“ präsentierten. „Die Herausforderung ist, dass Spritzgussverfahren für große Serienproduktionen zwar gut, günstig und etabliert sind – aber sich nur im Bereich großer Stückzahlen rechnen. Bei Kleinserien oder beim Ausfall einzelner Produktbauteile, ist Spritzguss nicht mehr das Mittel der Wahl“, erklärte Schwan das Problem. Ihre Lösung: On-Demand-Produktion von Ersatzteilen mittels 3-D-Druck. „Damit lassen sich Veränderungen am Bauteil deutlich flexibler, vielseitiger und vor allem auch für Kleinserien umsetzen“, skizzierte Schöning die Vorteile ihres Verfahrens für zukünftige Partner.
Gegen die Abfallberge: Trennen und Recycling gebrauchter Textilfasern
Im zweiten Pitch stellte Dr.Matthias Pieper im Laborkittel und mit Schutzbrille dem Publikum seine Idee „Nachhaltige Rückgewinnung von Textilfasern durch lösungsmittelbasiertes Recycling“ in Form eines unterhaltsamen Live-Experiments vor: Eindrucksvoll zeigte er, wie gefärbte Textilien auf PET-Basis wieder entfärbt werden können, sodass die darin enthaltenen Kunststofffasern wiederverwertet werden können. Als Illustration des Recyclingprozesses nutzte er ein lila gefärbtes Salz-Sand-Gemisch, das die in der Textilindustrie üblichen Baumwoll-Polyester-Mischgewebe simulierte. In einem ersten Filtrationsschritt filterte er mithilfe von Wasser den schwereren Sand als Baumwollersatz ab. Die verbliebene farbige Salzlösung gab er in ein zweites Lösungsmittel, woraufhin sich das Salz analog zu den Polyesterfasern des echten Versuchs als Feststoff absetzte. Mithilfe einer letzten Filtration konnte Pieper abschließend das saubere Salz von der Farbe abtrennen. „Am Ende erhalten wir einen sauberen, baumwollfreien Kunststoff, der im Gegensatz zum Ausgangsmaterial deutlich besser recycelt werden kann“, schloss Pieper seinen Pitch.
Methoden zirkulärer Wertschöpfung schon in der Produktentwicklung mitdenken
Katharina Schnatmann und Heike Wulf aus der Forschungsgruppe Zirkuläre Wertschöpfung legten in ihrem Vortrag „Entwicklung reparierbarer Produkte“ den Fokus auf LED-Leuchten: Aus ihrer Sicht langlebige Produkte, die jedoch im Falle einer defekten Komponente meist komplett ersetzt werden müssen – was zu unnötigem Elektroschrott führt. „Meist wird dann die komplette Leuchte entsorgt, weil die Reparierbarkeit in diesen Produkten oft gar nicht eingeplant ist“, so Schnatmann. Sie und ihre Kollegin wollten mit ihrer Idee den immer weiter wachsenden Müllbergen an Elektroschrott entgegenwirken: „Wir wollen Produktentwickler:innen ermutigen, Reparaturfähigkeit von Beginn an mitzudenken. Dafür möchten wir eine praxistaugliche Bewertungsmethode auf Basis der aktuellen Normung entwickeln“, erläutert Schnathmann weiter. „Mit dem Tool wollen wir zusammen mit einem Partner die Entwicklung von langlebigen und ressourcenschonenden Produkten ermöglichen“, ergänzte Heike Wulf. Am Ende ihres Pitches blieb deshalb nur die Frage: Wer ist mit dabei?
Smart Meter: Verbraucher:innenskepsis für passgenaue Angebote nutzen
Eliza Starke und Kristin Maoro aus den Forschungsgruppen Wirtschaftspsychologie und Wirtschaftsrecht stellten in ihrem Pitch „Smart Metering für ein klimaneutrales Energiesystem“ Möglichkeiten zur Beeinflussung von Verbraucherverhalten zugunsten der Akzeptanz nachhaltiger Messtechnologien im Energienetz vor. Die von ihnen vorgestellte Smart Meter-Technologie ermögliche es zwar, den Stromverbrauch bzw. die Einspeisung effizient zu steuern, stoße allerdings auf große Verbraucher:innenskepsis: „Nur 20 Prozent der Deutschen können sich derzeit eine Nutzung definitiv vorstellen, obwohl der Einbau der Technologie ab 2025 für bestimmte Gruppen verpflichtend wird“, erklärte Maoro die Problemlage. Hier setzte der Pitch der beiden an: Sie schlugen potenziellen Partnern eine repräsentative Conjoint-Analyse ihrer zukünftigen Smart Meter-Produkte vor. „Dabei fließen die Verbraucher:innenbefürchtungen in ein gestaffeltes Angebotsmodell für Smart Meter ein. So wird der Umstieg für Verbraucher:innen attraktiver, während Produzenten ein passgenaues Angebot machen können. Damit wollen wir eine Lösung schaffen, die gebraucht, genutzt und geliebt wird“, schloss Starke ihren Pitch.
Selbstreinigende Oberflächen für höhere Effizienz und ein längeres Produktleben
Abschließend betrat Catharina Schilp die Bühne: Mit ihrer Idee „Inhouse-Beschichtung. Anekdote eines Spritzgießwerkzeuges“ nahm die Ingenieurin das Publikum mit in die Welt der Kunststofftechnik. In Form eines Briefs eines Spritzgießwerkzeugs an sie selbst schilderte sie das Problem, dass die Kühlkanäle in Spritzgießwerkzeugen im Laufe der Zeit durch Ablagerungen und Korrosion verstopfen. Dies verringere die Kühlleistung der Maschine, und erhöhe den Ausschuss. Dieser schleichende Defekt mindere letztlich die Produktivität und Lebenszeit der Anlagen. Schilps Lösung: „Beschichtete Kühlkanäle, die die Ablagerungen wie das Blatt der Lotusblume abperlen lassen.“ „Beschichtungen optimieren Beständigkeit (BoB)“ nannte Sie ihr zu entwickelndes innovatives Beschichtungsverfahren und schloss ihren Pitch mit dem Aufruf an potenzielle Partner: „Kommt ins Team BoB!“
Textilfaserrecycling überzeugt das Publikum: der erste Transferpreis geht an Matthias Pieper
Nach einer kurzen Erläuterung von Pitch-Moderator Amir Giebel zum Verfahren des abschließenden Publikumsvotings wurde zum Abschluss der beste Pitch des Abends gesucht. Mit 36 von 69 abgegebenen Stimmen wurde der Pitch von Dr. Matthias Pieper zum Publikumsliebling und erhielt folgerichtig den erstmals ausgelobten Transferpreis. Platz zwei ging an das Team Eliza Starke und Kristin Maoro, Platz drei an das Team Zirkuläre Wertschöpfung um Katharina Schnatmann und Heike Wulf. (mkl)
InCamS@BI – Innovation Campus for Sustainable Solutions
Im Projekt InCamS@BI, dem Innovation Campus for Sustainable Solutions an der Hochschule Bielefeld (HSBI) und der Universität Bielefeld, entwickelt ein interdisziplinäres Team innovative Ideen, die Antworten auf die Frage liefern sollen, wie Kunststoffe in die Circular Economy integriert werden können.
Expert:innen aus Kunststofftechnik, Ingenieurwesen, Physik, Chemie, Wirtschaftsrecht, Wirtschaftspsychologie und Innovationsmanagement erarbeiten Projektskizzen – gemeinsam mit und für Unternehmen und Gesellschaft. Um mit anderen Akteur:innen, insbesondere aus der Region Ostwestfalen-Lippe, in einen Austausch zu treten, gestaltet InCamS@BI neue Veranstaltungs- und Dialogformate. Mit seiner Arbeit möchte das Team dazu beitragen, den Ideen-, Wissens- und Technologietransfer der HSBI zu professionalisieren und nachhaltige Strukturen an der Hochschule zu etablieren. InCamS@BI ist ein Transferprojekt und wird von der Bund-Länder-Initiative „Innovative Hochschule“ von 2023 bis 2027 gefördert.
Für weiteres Bildmaterial können Sie sich gerne an presse@hsbi.de wenden.