Bielefeld (hsbi). In der Interviewreihe „Nachgefragt bei InCamS@BI“ erklären Kolleginnen und Kollegen aus dem Team, wie das Transferprojekt InCamS@BI funktioniert. Wofür ist ein Technology Check gut? Was ist ein Makeathon? Wie ist die interne Qualifizierungsreihe aufgebaut? Oder wie läuft die Evaluation des Projekts ab? Fragen wie diese und viele mehr wollen wir hier im Gespräch beleuchten.
Katharina, Du bist seit Anfang September Projektkoordinatorin von InCamS@BI. Im Zentrum des Projekts steht der immer wieder benannte Wissens- und Technologietransfer. Was bedeutet Transfer für dich?
Dr. Katharina Gefele: Auf den Begriff Transfer habe ich vor meinem akademischen und beruflichen Hintergrund zwei verschiedene Perspektiven: aus den Kulturwissenschaften und aus der Hochschulentwicklung und -politik. Als Germanistin würde ich sagen, dass der Wissenstransfer immer auch die Perspektive der Empfängerseite berücksichtigen muss, damit das Wissen auch „ankommt“. Das gilt natürlich auch für Technologietransfer – oder auch für den „Ideentransfer“, der für die HSBI und insbesondere auch für unser Projekt eine große Rolle spielt. Denn bei InCamS@BI werden vor allem innovative Ideen gemeinsam mit Unternehmen in der Region entwickelt – das heißt die Empfängerseite ist hier direkt schon im Prozess der Ideen- und Wissensgenerierung berücksichtigt.
Ergänzend zu dieser Perspektive habe ich in den letzten Jahren im Kontext meiner Arbeit an der Hochschulrektorenkonferenz das Thema Transfer als Querschnittsaufgabe der Hochschulen wahrgenommen, die als sogenannte „dritte Säule“ eine wichtige Funktion neben Forschung und Lehre einnimmt. Genau wie beim Thema Internationalisierung, zu dem ich gearbeitet habe, ist es beim Transfer aber besonders herausfordernd, diese Aufgabe strukturell an der Hochschule zu verankern. Wenn das nicht gelingt, wird Transfer auch nicht in der Breite der Fach- und Forschungsbereiche gelebt und bleibt eine ressourcenintensive „Zusatzaufgabe“ von engagierten Einzelpersonen und -initiativen. Die HSBI hat sich hier aber schon strategisch und strukturell in den letzten Jahren gut aufgestellt und das Projekt InCamS@BI möchte hier seinen Beitrag leisten.
In welchen Formen ist Transfer dir bisher begegnet und welche Formate sind dir möglicherweise besonders positiv in Erinnerung geblieben?
„Das Gefühl, dass Transfer in unserem Projekt wirklich gelebt wird, war für mich beim Demo Day Ende November spürbar. [...] Unsere Themen sind nicht nur für Fachexpert:innen aus der Wissenschaft relevant, sondern auch insbesondere für Unternehmen.“
Dr. Katharina Gefele, Projektkoordinatorin InCamS@BI
Dr. Katharina Gefele: Das Projekt InCamS@BI hat ja eine Fülle an spannenden Transferformaten erarbeitet – von der Wissensbasis oder der #Einblicke-Reihe auf der Webseite über Veranstaltungsformate wie Barcamps, Expert Panels und Open Science Veranstaltungen bis hin zu Technology Checks für Unternehmen. Besonders beeindruckt hat mich der Makeathon unserer Forschungsgruppe Wirtschaftsrecht: Studierende entwickelten gemeinsam mit Partnern aus der Wirtschaft (z. B. Spies Packaging, Wago, Continental) Lösungen zu aktuellen rechtlichen Herausforderungen. Das Makeathonformat ermöglichte eine intensive Zusammenarbeit und direkten Wissensaustausch über ein gesamtes Semester hinweg. Ein Fokus der Fragestellungen war die neue europäische Verpackungsverordnung (PPWR) – ein Thema, das die Unternehmen in der Region sehr umtreibt.
InCamS@BI bietet hier Angebote und Veranstaltungen bedarfsgerecht angepasst an zentrale Fragestellungen der Unternehmen aus der Region an. Dass in dem Projekt der Transfer wirklich gelebt wird, war für mich Ende November beim Demo Day spürbar. Die Pitches gaben Einblicke in die Arbeit unserer Technologie Scouts und die greifbaren und teilweise auch alltagsnahen Themen kamen beim Publikum sehr gut an. Da konnte man gut sehen, dass unsere Themen nicht nur für Fachexpert:innen aus der Wissenschaft relevant sind, sondern auch insbesondere für Unternehmen.
Gibt es eine Herausforderung im Bereich Transfer, von der du sagst: „Daran möchte ich persönlich arbeiten“?
Dr. Katharina Gefele: Eine wichtige und zugleich schwierige Aufgabe im Transfer ist die nachhaltige und hochschulweite Verankerung der Angebote und Transferstrukturen. Daran möchte ich gerne in den nächsten zwei Jahren mitarbeiten. Das heißt konkret die Angebote und Formate, die in InCamS@BI aufgebaut wurden – zum Beispiel die Veranstaltungsformate, den Technology Check oder auch unsere interne Qualifizierungsreihe zu evaluieren und hochschulweit sichtbar und nutzbar zu machen. Im besten Fall kann man diese mit der hochschulstrategischen Ausrichtung verknüpfen und in bestehende Strukturen wie HSBI Transfer integrieren.
Du hast in deiner bisherigen Karriere schon in unterschiedlichen wissenschaftsnahen Drittmittelprojekten gearbeitet. Worauf kommt es deiner Ansicht nach vor allem an, damit wissenschaftliche Projektteams erfolgreich arbeiten können?
Dr. Katharina Gefele: Bei wissenschaftlichen und insbesondere interdisziplinären Projektteams ist es meiner Erfahrung nach sehr wichtig, die verschiedenen Perspektiven und Bedarfe der Fachdisziplinen sowie der einzelnen Personen zu berücksichtigen. Die meisten Mitarbeiter:innen befinden sich in frühen Karrierephasen, arbeiten ja auch befristet und ggf. parallel noch an wissenschaftlichen Qualifikationen oder in der Lehre. Drittmittelprojekte haben ein großes Potenzial, verschiedene Teams zusammenzubringen und Neues auszuprobieren. Dafür muss man sich auf die Perspektiven der anderen einlassen, transparent kommunizieren und den Mehrwert der Projektarbeit für jeden einzelnen herausarbeiten, um auch langfristig motiviert zusammenzuarbeiten.
Welche Aspekte des InCamS@BI-Projekts haben dich besonders angesprochen?
Dr. Katharina Gefele: Für mich persönlich war es wichtig, mich beruflich im Bereich Nachhaltigkeit einbringen zu können, weil mich das in den letzten Jahren privat sehr beschäftigt hat. Am Projekt InCamS@BI hat mich besonders der regional ausgerichtete Ansatz angesprochen, das heißt Lösungen für die Circular Economy nicht nur zu erforschen, sondern gemeinsam an den realen Herausforderungen der Unternehmen zu arbeiten. Und ich arbeite gerne an Schnittstellen, um neue Ideen gemeinsam voranzutreiben – nicht nur zwischen den Fachdisziplinen, sondern auch in Richtung Hochschulleitung und externen Akteuren. Hier war das Projekt in seiner Ausrichtung sehr spannend für mich.
Wo ist deine Stelle innerhalb der Projektarchitektur zu verorten? Gibt es Bereiche, in denen Du dich besonders einbringen wirst oder möchtest?
Dr. Katharina Gefele: Meine Stelle als Projektkoordinatorin ist im Teilprojekt „Hall of Innovation“ angesiedelt, welches mittlerweile in die zentrale Betriebseinheit HSBI Transfer integriert ist. Zu den Aufgaben zählt das Monitoring des Projektfortschritts, die Evaluation des Projekts, die Berichterstattung an den Mittelgeber sowie auch hochschulintern in die Gremien, aber auch die projektinterne Kommunikation und die Mitarbeit an der Verstetigung der Ergebnisse. Im kommenden Jahr steht die große Zwischenevaluation des Projekts an, dessen Vor- und Nachbereitung für mich eine zentrale Aufgabe sein wird. Die Evaluation soll alle wichtigen internen und externen Stakeholder des Projekts zusammenbringen und die Wirksamkeit des Projekts in der Region beleuchten. Ich möchte hier insbesondere meinen Beitrag dazu leisten, dass wir die Erkenntnisse und Impulse aus diesem Prozess für die Weiterentwicklung des Projekts und darüber hinaus auch für den Aufbau von wirkungsvollen Transferstrukturen an der HSBI nutzen können.
InCamS@BI wird bis 2027 gefördert und befindet sich dementsprechend ungefähr auf der Hälfte seiner Projektlaufzeit. Welche Meilensteine sind bis jetzt aus deiner Sicht erreicht und wo gibt es eventuell noch Nachholbedarf?
Dr. Katharina Gefele: So wie ich das sehe, sind fast alle wichtigen Meilensteine, die sich das Projekt für die erste Projekthälfte vorgenommen hatte, schon umfänglich erreicht worden. Dazu gehören vor allem der Aufbau der Konzepte für alle Transferformate und Toolboxen und der internen Qualifizierungsangebote. Die Forschungsgruppen füllen diese Formate schon kräftig mit Leben und haben bereits unglaublich viele Unternehmenskontakte aufgebaut und substanzielle Projektideen entwickelt. Viele Projektideen müssen jetzt in der zweiten Projekthälfte im Innovation Lab noch weiter vorangetrieben werden. Einige Formate laufen jetzt stärker an, zum Beispiel der Technology Check – hierfür muss man aber natürlich auch interessierte Unternehmen finden. Eine Baustelle ist noch der Aufbau von Kontakten zu Alumni der Hochschulen – dem wollen wir uns nächstes Jahr gezielt widmen.
Das InCamS@BI-Team beim TechCheck im Bielefelder Unternehmen MS Protect.
Am Jahresende blickt man üblicherweise nicht nur zurück, sondern auch voraus. Was hat InCamS@BI in 2026 vor? Worauf wird der Schwerpunkt der Projektarbeit liegen, gibt es neue Formate oder werden bestehende ausgebaut?
Dr. Katharina Gefele: Neben den genannten besonderen Aufgaben wie Zwischenevaluation, Verstetigung oder Alumni-Arbeit möchten wir im nächsten Jahr nochmal substanziell Transferformate wie Expert Panels und Tech Checks nutzen und weiterentwickeln und zum Beispiel auch als Online Formate stärker anbieten. Wir arbeiten außerdem an einem neue Open Science Format – dem „Science Lunch“ – der online einen kurzen fachlichen Input zur Mittagszeit für Interessierte bieten soll. Auch neue Angebote für die „Wissenshappen“ soll es in der Wissenswerkstadt wieder geben. Unsere Forschungsgruppen arbeiten auch intensiv an den Toolboxen für Unternehmen, die neben der Wissensbasis Kunststoffe veröffentlicht werden sollen. Insgesamt erhoffe ich mir, dass das Projekt im Jahr 2026 nochmal richtig intensiv die Früchte für die Aufbauarbeit, die in den ersten Jahren geleistet wurde, ernten kann und wir die Projektergebnisse nachhaltig sichtbar machen können (mkl).
Vielen Dank für das Gespräch! (mkl)
Zur Person: Dr. Katharina Gefele
Dr. Katharina Gefele ist seit dem 1. September 2025 neue Projektkoordinatorin im Projekt InCamS@BI, dem Innovation Campus for Sustainable Solutions an der Hochschule Bielefeld (HSBI) und der Universität Bielefeld. In diesem Vorhaben entwickelt ein interdisziplinäres Team innovative Ideen, die Antworten auf die Frage liefern sollen, wie Kunststoffe in die Circular Economy integriert werden können. Ziele sind die Stärkung des Ideen-, Wissens- und Technologietransfers der Hochschule und die Schaffung nachhaltiger Strukturen. Gefele ist dafür zuständig, die interdisziplinären Aktivitäten und den Fortschritt zu überblicken, die Zusammenarbeit zwischen internen und externen Akteuren zu stärken und die Erreichung der Projektziele sowie die Budgetplanung- und kontrolle sicherzustellen und zu dokumentieren.Ihren Magister in „Neuere deutsche Literaturwissenschaften“ mit den Nebenfächern Medienwissenschaften und Philosophie hat sie 2010 an der Universität Paderborn absolviert. 2018 promovierte Gefele am Institut für Germanistik und Vergleichende Literaturwissenschaft zum Thema „Schuld und Subjektkonstruktion in der Nachkriegsliteratur von Hans Erich Nossack“. Parallel zu ihrer Promotion arbeitete Gefele als wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Lehrer:innen-Bildung in der Internationalisierung sowie im Drittmittelprojekt „Vielfalt stärken“. Sie engagierte sich zudem als Vorsitzende des Graduiertenforums der Fakultät für Kulturwissenschaften sowie im Peer-Mentorinnen-Programm „Einblick!“ für promotionsinteressierte Studentinnen.Dr. Katharina Gefele war von 2019 bis 2024 bei der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) in zwei vom BMBF (heute BMFTR) geförderten Projekten tätig: als Referentin im Projekt „HRK-EXPERTISE Internationalisierung“ und als stellvertretende Projektleiterin im Projekt „HRK ADVANCE – Governance und Prozesse der Internationalisierung optimieren“.